Dass Bewegungsmangel krank macht, ist längst bekannt. Auch dass Sitzen als «das neue Rauchen» gilt und die Liste der grössten Gesundheitsfeinde anführt, kann eigentlich an niemandem vorbei gegangen sein. Doch warum Sesseldrücker ihrem Körper nichts Gutes tun und wie viel es bringt, wenn man seinen Hintern öfters hebt, scheint sich im Bewusstsein vieler Menschen nach wie vor nicht verankert zu haben.
Ursprünglich war Bewegung auch für unsere Gattung elementar fürs Überleben. Dank der Möglichkeit, sich fortzubewegen, konnte der Homo sapiens natürlichen Risikofaktoren wie etwa Kälte und Hitze entfliehen oder Hunger trotzen. Ein leerer Magen setzt nämlich dank eines physiologischen Prozesses eine Kaskade von Hormonen und Botenstoffen (Neurotransmitter) in Gang. Diese sorgen dafür, dass das Gehirn mit der nötigen Energie versorgt wird, um klare Entscheidungen zu fällen (wo suchen wir Nahrung) und die Muskulatur entsprechend agieren kann (uns zum Ort der Nahrung hinführt). In der modernen Zeit wird uns beides abgenommen. Der Körper weiss – ohne die Hirnzellen dazu beanspruchen zu müssen – wo der Kühlschrank steht, und dieser ist praktisch rund um die Uhr gut gefüllt.
Mittlerweile betätigt sich mehr als ein Viertel der Weltbevölkerung körperlich viel zu wenig und mit zunehmendem Wohlstand drohen auch in Schwellenländern jene Leiden, die der Westen als Folge der Bewegungsarmut bereits kennt: etwa Herzkreislauf-Erkrankungen, Diabetes mellitus und diverse Krebsarten. Denn Bewegungsmangel erhöht – genauso wie Übergewicht – die Menge der Zytokine. Diese Proteine sind im Körper sowohl bei lokalen als auch bei systemischen Entzündungen beteiligt. Sie wirken im ganzen Organismus, sowohl auf unsere Muskeln, Knochen und Zellen als auch auf das Gehirn, das Immunsystem und das Fettgewebe.
Bereits nach einer Sitzdauer von 20 Minuten kann der Anstieg der Zytokine im Körper gemessen werden und eine proentzündliche Stoffwechsellage herbeiführen. Dem entgegenwirken kann man mit regelmässigen Pausen vom Sitzen, sogenannten «Sitting-Breaks», die idealerweise alle 30 Minuten eingeschaltet werden. Sie sollten 1 bis 2 Minuten dauern, und man sollte sich dabei so bewegen, dass der Puls deutlich ansteigt. Das wird beispielsweise erreicht, indem man Kniebeugen, Liegestützen oder auch den Hampelmann macht. Auch kurze, aber zügige Gänge an die frische Luft können eine Möglichkeit sein. Die Muskelaktivität signalisiert dann dem Immunsystem «es ist alles gut». Letzteres beruhigt sich wieder.
Für das Immunsystem ist es somit besser, mehrere kurze Bewegungseinheiten über den Tag verteilt durchzuführen, als am Abend nach einem langen Bürotag eine richtige Sportsession zu absolvieren. Denn mit einer solchen lässt sich die Sitz-Zeit, welche sich über den Tag kummuliert hat, bezüglich der Zytokin-Bildung nicht ausgleichen oder kompensieren. Selbstverständlich heisst das nicht, dass sich sportliche Betätigungen somit erübrigen. Diesbezüglich gelten weiterhin die Empfehlungen des Bundesamts für Gesundheit (BAG), die unter anderem ein wöchentliches Pensum von 2 bis 4 Mal Sport pro Woche beinhalten
(alle Bewegungsempfehlungen des BAG).
Zusätzlich sollte man sich aber unbedingt angewöhnen, bei sitzender Arbeit rund alle 30 Minuten einen «Sitting-Break» einzubauen und zudem die allgemeine Alltagsbewegung bewusst forcieren. Möglichkeiten dazu bieten sich unzählige, zum Beispiel:
- Wann immer möglich die Treppe anstelle von Lift oder Rolltreppe wählen
- Eine Bushaltestelle früher aussteigen
- Mit dem Velo oder zu Fuss zur Arbeit gehen
- Die Einkäufe in mehreren Gängen vom Auto ins Haus tragen (sofern einkaufen zu Fuss als noch bessere Variante nicht möglich ist)
- Wenn möglich während der Arbeit immer mal an einem Stehpult arbeiten
- Freunde und Kollegen zu einem Spaziergang treffen
- Sich während dem Zähneputzen und Telefonieren bewegen
Schon die kleinste Veränderung ist ein grosser Schritt in Richtung Gesundheit und Wohlbefinden. Gerne begleite ich dich auf diesem Weg und unterstütze dich, die für dich und deinen Lebensstil optimal passenden Bewegungsmöglichkeiten zu finden!
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