Was du übers Trinken noch nicht weisst

  • Beitrags-Kategorie:Ernährung
  • Beitrag zuletzt geändert am:15. Juli 2022

Trinken ist überlebenswichtig. Doch während rund um die Ernährung unzählige Diättipps durch die Medien schiessen, wird dem Thema Trinken selten mal ein Artikel gewidmet. Und wenn doch, dann jeweils mit altbekannten Ratschlägen. In Anbetracht dessen, dass der menschliche Körper zu etwa 50 bis 65 Prozent aus Wasser besteht und wir nur ein paar wenige Tage ohne Flüssigkeitsaufnahme überleben können, scheint es mir unlogisch, dass sich die wenigsten wirklich Gedanken rund um die eigenen Trinkgewohnheiten machen. Mit diesem Blog möchte ich deshalb einen etwas weniger bekannten Aspekt in Bezug auf das Durstlöschen erläutern und zu einer möglichen Veränderung animieren.

Steter Tropfen füllt das Fass
In meiner ursprünglichen Ausbildung zur Ernährungsberaterin habe ich natürlich gelernt, welche Trinkmenge täglich empfohlen wird. Die wissenschaftliche Datenlage zur notwendigen Flüssigkeitsmenge pro Tag ist unterschiedlich. Ein möglicher Richtwert sind 35ml pro Kilogramm Körpergewicht. Getränke, die Energie (Zucker) enthalten, gelten nicht als Flüssigkeit, sondern sollten als (flüssige) Nahrung betrachtet werden. Aus diesem Grund kann man sie nicht direkt in die Flüssigkeitsbilanz einrechnen. Über die Nahrung nehmen wir nicht vernachlässigbare Mengen von Wasser zu uns. Dies hängt aber stark von den konsumierten Lebensmitteln ab. Ich hatte immer eher Mühe, die geforderte tägliche Flüssigkeitsmenge zu erreichen. Ich trinke ganz grundsätzlich nicht gerne, mag viele Getränke nicht und habe auch oft kein Durstgefühl. So habe ich mir die verschiedenen Trinktipps genauso antrainiert, wie ich es auch meinen Patienten empfohlen habe: Am besten immer eine Flasche dabei oder ein Glas auf dem Tisch haben, ständig und immer wieder einen Schluck trinken, sich mit Post-its, Bildschirmhintergrundbild und Reminders im Kalender ans Trinken zu erinnern. So weit so gut, alles zusammen hat gefruchtet und ich habe durch immer wieder ein bisschen trinken (steter Tropfen) mein tägliches Flüssigkeitsfass jeweils voll gebracht.

Evolutionäres Trinkverhalten
Doch seit ich mich mit den Grundsätzen aus der klinischen Psycho-Neuro-Immunologie befasse, komme ich mit einem neuen Aspekt in Kontakt. Unsere Evolution hat über Jahrtausende eine völlig andere Situation vorgefunden. Das Durstgefühl hat uns Menschen dazu animiert nach Wasser oder einer Wasserstelle zu suchen. Wir mussten uns zuerst bewegen, manchmal stundenlang, um Wasser zu finden und den Durst stillen zu können. Durst zählt somit zu den für uns altbekannten «Stressoren» wie auch Hunger, Kälte oder Angst. All diese Stressoren führten in der Vergangenheit zu einer spontanen Bewegung, deren Dauer man nicht abschätzen konnte. Normalerweise aktivieren diese Stressoren den Sympathikus (vegetatives Nervensystem) und die Stressachse und dies wiederum führt zu einer Steigerung des aggressiven Verhaltens, um das Überleben zu sichern.

Doch beim Durstgefühl ist es etwas anders. Das Durstgefühl ist der einzige evolutionäre Stressfaktor, der dazu führt, dass Angstgefühle, Aggression und aggressives Verhalten reduziert werden. Wir empfinden Durst, wenn sich die Salze in unserem Körper nicht mehr ganz im Gleichgewicht befinden, dadurch wird das Antidiuretische Hormon «Arginin-Vasopressin» ausgeschüttet und dieses wiederum aktiviert die Ausschüttung des Hormons «Oxytocin». Dieses Hormon ist auch das sogenannte «Kuschelhormon» und sorgt für Bindung, Vertrauen und einer gewissen Gelassenheit. Gemeinsam hemmen Oxytocin und Arginin-Vasopressin den Sympathikus und die Produktion des Stresshormons «Cortisol» und dadurch unsere zweite Stressachse, die HPA-Achse. Zudem hemmen die beiden Hormone auch die Lust auf Süsses und Salziges. So entsteht eine Art Heisshunger auf Wasser. Bei Durstempfinden Wasser trinken zu können, macht dieses zu einer wahren Köstlichkeit. In Anlehnung an die evolutionären Mechanismen sollte dann so lange und so viel getrunken werden, bis man «satt» ist und keine weiter Flüssigkeit mehr schlucken kann.

Intermittierendes Trinken mit Gesundheitspotential
Dieses sogenannt «intermittierende Trinken» hat einige andere positive Stoffwechselprozesse zur Folge. Es hat beispielsweise entgiftende Funktion für die Leber und beeinflusst den molekularen Mediator «Nrf2» welchem wiederum positive Eigenschaften wie zellschützend, entzündungshemmend, Verbesserung der Fettverbrennung u.a. zugeschrieben werden.

Gerade in der heutigen Zeit, in welcher fast jeder von uns chronischem Stress ausgesetzt ist und sich der Cortisol-Pegel oft auf hohem Level einpendelt, könnte ein Gegenpol durch gelegentliches Durstgefühl und intermittierende Trinkgewohnheiten einen spannenden gesundheitlichen Aspekt bieten. Aus diesem Grund wäre es sinnvoll zu versuchen, weniger häufig viel zu trinken, statt häufig wenig zu trinken. Dadurch unterstützt man die eigene Gesundheit und das Wohlbefinden auf einer gesamtheitlichen, systemischen Ebene.

Nicht zu vergessen ist aber, dass die tägliche Trinkmenge trotzdem erreicht werden soll. Schafft man es mit dieser Art von intermittierendem Trinken (noch) nicht den Flüssigkeitsbedarf zu decken, dann ist das aus gesundheitlicher Sicht nicht ideal. Es ist ein spannender Prozess es immer wieder zu versuchen, sich langsam daran heranzutasten und das intermittierende Trinken an einzelnen Tagen einzubauen.

In diversen meiner Angebote lasse ich Aspekte und Erkenntnisse des sogenannten «Intermittent living Konzepts» einfliessen, greife einzelne Punkte auf und erkläre sie vertiefter. Gerne erkläre ich dir auch in einem Gesundheitscoaching mehr dazu. Bei Interesse kannst du mich kontaktieren unter info@vitaswing-praxis.ch. Ich freue mich auf dich.