Geschrieben von Claudia Müller
Unser Seelenleben hängt von verschiedenen Faktoren ab. Bei der Regulation spielt vor allem das Glückshormon Serotonin eine wichtige Rolle. Fehlt Serotonin sind wir schlecht gelaunt, ängstlich und manchmal sogar etwas depressiv.
Serotonin, das Hormon
Serotonin ist ein biologisch aktiver Stoff, der in unserem Körper als Gewebshormon und Neurotransmitter funktioniert. Produziert wird es aus L-Tryptophan im Darm und im Gehirn. Im Gehirn hat es eine schmerzhemmende, entspannende und stimmungsaufhellende Wirkung, gleichzeitig ist es Ausgangsstoff für das Schlafhormon Melatonin. Aber auch im Darm ist Serotonin wichtig. Es beeinflusst die Motilität, die Schleimsekretion und auch dort das Schmerzempfinden. Weitere wichtige Funktionen sind: Gedächtnisleistung, Essverhalten, Sexualverhalten und Thermoregulation sowie andere Funktionen, die die inneren Organe betreffen.
Es hat also sehr vielfältige Aufgaben in unserem Körper. Die bedeutendste und auch bekannteste ist aber seine Wirkung als Wohlfühl- oder Glückshormon mit erhellendem Effekt auf unsere Stimmungslage.
Um all diese verschiedenen Aufgaben erfüllen zu können, muss es in genügender Menge vorhanden sein. Ungefähr drei bis fünf Mal pro Sekunde werden Millionen von Serotoninmoleküle zu den Hirnzellen gesendet, um dort das gesamte Geschehen kontrollieren zu können. Ist nicht genügend Serotonin vorhanden, hat dies negativen Einfluss auf unsere Stimmung und die anderen Serotonin-abhängigen Prozesse.
Serotonin und Ernährung
Über Medikamente und andere Stoffe kann der Hormonspiegel zwar beeinflusst werden, allerdings sind damit oft unangenehme Nebenwirkungen verbunden. Will man über die Ernährung eine Wirkung erzielen, ist nicht nur die Nahrungsauswahl, sondern auch die Art und Weise wie man isst entscheidend. Beides bestimmt, ob im Gehirn Serotonin gebildet werden kann.
Fruktose bindet im Darm Tryptophan, welches dann für die Bildung von Serotonin fehlt. Demzufolge sollte der Fruktose-Konsum – auch kombiniert mit Glukose im Haushaltszucker – reduziert werden. Dabei ist vor allem auf industriell verarbeitete Fruktose und Stoffe wie Fruktose-Glukose-Sirup und ähnliches zu achten. Die Fruktose aus frischen Früchten als ganzes verzehrt ist nicht direkt betroffen. Aber auch viel Fruchtsaft oder Trockenfrüchte sind nicht ideal. Mit dem Konsum von bestimmten Nahrungsmitteln wie beispielsweise Bananen oder Schokolade, sorgt man dafür, dass genügend «Baustoff» vorhanden ist. Sie liefern nämlich mit der Aminosäure L-Tryptophan den Hauptbaustein für die Herstellung von Serotonin. Von beiden Nahrungsmitteln braucht es aber regelrechte Überdosen, um eine nennenswerte Tryptophan-Menge erreichen zu können.
Verschiedene Untersuchungen und Berichte deuten darauf hin, dass gewisse Fastenzeiten die Serotoninausschüttung positiv beeinflussen. Es gibt zwei nachvollziehbare Erklärungen dafür.
- Für einen Serotoninaufbau ist es notwendig, dass das zentrale Nervensystem einen Bedarf an Serotonin meldet. Fasten setzt den menschlichen Organismus unter Stress und es ist nachvollziehbar, dass in diesem Fall der Drang besteht, diesem Stress gefühlsmässig standhalten zu können. Aus diesem Grund wird Serotonin gebildet.
- Ebenfalls unbedingt nötig ist die Durchlässigkeit der Blut-Hirn-Schranke für L-Tryptophan. In einem Zustand des Fastens befinden sich mangels Nahrungsaufnahme keine konkurrenzierenden Aminosäuren an der Blut-Hirn-Schranke, welche das L-Tryptophan dort verdrängen könnten.
L-Tryptophan wird konkurrenziert
L-Tryptophan steht nach der Einnahme in Konkurrenz mit sieben anderen grossen Aminosäuren, gegen welche es meist verliert. Dies stellt ein Grundproblem dar. Für eine ausreichende Serotonin-Bildung sollte die Nahrung genügend L-Tryptophan aufweise, allerdings insgesamt sehr eiweissarm sein. Dies ist fast ein Widerspruch da L-Tryptophan eine Aminosäure ist und deshalb vor allem dort auftaucht, wo auch andere Aminosäuren vorhanden sind.
Serotonin als Pille
Leider würde die Zufuhr von Serotonin in Form einer Pille nichts nützen, denn dieses Hormon kann die Blut-Hirn-Schranke nicht durchdringen und gelangt somit nicht ans Ziel. Das L-Tryptophan hingegen besitzt die Fähigkeit die Blut-Hirn-Schranke zu passieren und kann vom Darm bis ins Gehirn wandern. Manchmal kann es sinnvoll sein die Einnahme von L-Tryptophan zu testen oder auch die Stufe zwischen L-Tryptophan und Serotonin, das 5-HTP, gibt es als Kapseln und kann eingenommen werden. Manchmal mit sichtbarem Erfolg.
Die oben beschriebene Konkurrenz-Situation entsteht auch wenn L-Tryptophan als Kapsel geschluckt und gleichzeitig gegessen wird. Daher sollte Tryptophan optimalerweise in einem Zeitfenster von fünf Stunden eingenommen werden und dies auf nüchternen Magen. Das bedeutet also drei Stunden nach einer Mahlzeit und zwei Stunden vor der nächsten Mahlzeit. So wird das zugeführte L-Tryptophan nicht von anderem Eiweiss aus der Nahrung «belästigt».
Auch die afrikanische Schwarzbohne – Griffonia – kann als Supplement ebenfalls gut wirken. Bei Bedarf lohnt es sich, es auszuprobieren.
Unser moderner Lebensstil verhindert die Serotoninbildung
Heutzutage wird oft praktisch überall und ständig gegessen. Immer wieder längere Essenspausen werden nur noch von wenigen gelebt. Doch genau längere Essenspausen wären für die Serotoninbildung ganz wichtig.
Bewegung und insbesondere Ausdauersport wird zwar von einigen betrieben, allerdings wissen wir alle, dass genügend Bewegung bei der Mehrheit der Menschen ein Defizit darstellt. Hinzu kommt, dass sich ein noch kleinerer Teil bis hin zur Erschöpfung verausgabt, was für einen serotoninbildenden Effekt aber wünschenswert wäre.
Der Serotoninspiegel wird durch Stress und vor allem durch länger andauernden Stress beeinträchtigt. Unser heutiger Lebensstil ist geprägt durch Stress. So sorgen wir mit unserer Art und Weise zu leben für eine Serotonin-Unterversorgung und legen die Grundlage für Stimmungstiefs, chronische Unzufriedenheit und depressive Verstimmungen.
Serotoninmangel für Sportler ein Fremdwort
Mit Ausdauersport kann einem Serotoninmangel Abhilfe geschaffen werden. Sport schleust die BCAA (verzweigtkettige Aminosäuren, die vom Körper nicht selbst gebildet und somit über die Nahrung zugeführt werden müssen)* in die Muskelzellen. Dadurch fehlen diese Aminosäuren im Blut und sie fehlen auch als Konkurrenten gegenüber dem L-Tryptophan. Dieses gelangt dadurch höher konzentriert ins Gehirn. Dies ist ein Grund, weshalb Ausdauersport so gut gegen Depressionen wirkt.
* mehr zu BCAAs: https://de.wikipedia.org/wiki/Verzweigtkettige_Aminos%C3%A4uren
Die Helfers-Helfer
Wie bei fast allen Prozessen im Körper, werden für die Umwandlung von L-Tryptophan in Serotonin zusätzliche Helfer benötigt. Stoffe wie Zink, Vitamin B6, Vitamin D, Folsäure, Eisen, Magnesium und Omega-3 Fettsäuren sind dabei an vorderster Front. Deren Spiegel sollten im Normbereich sein, da sie bei der Umwandlung von L-Tryptophan in Serotonin und weiter in Melatonin – unser Schlafhormon – beteiligt sind.
Lebensmittel reich an Tryptophan
Auch wenn eine genügende Zufuhr an L-Tryptophan noch nicht gewährleistet, dass danach auch wirklich genügend Serotonin gebildet werden kann, kann es einen Versuch wert sein, Tryptophan-reiche Lebensmittel vermehrt zu konsumieren. Dazu zählen: Nüsse (v.a. Cashew), Bohnen (v.a. Edamame), Sonnenblumenkernen, Sesam, Amaranth, Quinoa, Hirse, Hafer, Weizenkeime, Feigen, Datteln, Käse, Fleisch, Fisch, Eier und Pilze. Am besten in Rohform, sofern möglich und essbar. Die eiweissreichen Nahrungsmittel wie Fleisch und Fisch fallen als gute Quellen weg, aufgrund der Aminosäuren-Konkurrenz-Problematik.
Zudem ist in Früchten zwar nur wenig L-Tryptophan enthalten, jedoch deuten gewisse Untersuchungen darauf hin, dass Früchte mit einem hohen Gehalt an Chinasäure im Magen-Darm-Trakt zu einer vermehrten Produktion an L-Tryptophan führen. Dazu zählen Wildheidelbeeren, Kiwi, Cranberry, Preiselbeeren, Pflaumen und Pfirsiche.
Ein Hemmer der Serotonin-Bildung aus L-Tryptophan ist hingegen der Kaffee, der ein wichtiges bei der Umwandlung nötiges Enzym hemmt.
Die Kraft der körperlichen Nähe
Diese geht oft vergessen in der Thematik rund um das Glückshormon. Es geht zurück bis zur Geburt oder allenfalls sogar schon davor. Während der Schwangerschaft und in den ersten paar Lebensmonaten werden im Hirnzentrum die sogenannten «Raphe-Kernen» geprägt. Die Sprache der Raphe-Kernen ist das Serotonin. Durch viel Zuwendung, Körperkontakt, Kuscheln und Liebe durch die Bezugspersonen eines Kindes wird viel Oxytocin (Kuschelhormon) und Serotonin gebildet, was die Raphe-Kerne zum Wachsen bringt. Je grösser diese sind und je besser sie «funktionieren», desto mehr Serotonin ist vorhanden, was wiederum das Angstzentrum (Amygdala) hemmt und auch die Hirnstrukturen des «Hippocampus» beruhigt. Dadurch wächst das Urvertrauen, wodurch das Risiko für chronische Erkrankungen, Depressionen usw. reduziert ist.
Fazit
Zusammenfassend lässt festhalten, dass Serotonin eine wichtige Rolle bei der Regulierung von Stimmung, Appetit und Schlaf spielt. Ein Mangel an Serotonin kann zu Stimmungsschwankungen, Depressionen, Angstzuständen, Schlafproblemen und einer Reihe anderer Symptome führen. Es gibt verschiedene Möglichkeiten, die zur Behandlung helfen können. Allenfalls lohnt es sich mit einer Fachperson zu schauen, wie der Serotoninspiegel erhöht und dadurch die Symptome reduziert werden können. Serotonin ist ein wichtiger Neurotransmitter, den wir für unsere Gesundheit, unser Wohlbefinden und zum «Glücklichsein» benötigen.
Ich betrachte meinen bisherigen Werdegang als ständige Erweiterung meines «Repertoires» und werde dieses auch weiterhin laufend erweitern.
Ich bin fasziniert vom menschlichen Körper, seiner Wirkungsweise als grosses Netzwerk in sich selbst und als Teil seiner Umwelt. Weitere Informationen findest du auf meiner Seite “Über mich“, oder nimm einfach Kontakt mit mir auf, um persönlich mit mir zu sprechen.